Der Unterschied zwischen Grenzen haben und Grenzen setzen

Der Unterschied zwischen Grenzen haben und Grenzen setzen

Lernen, Grenzen zu setzen ist „in“. Es gibt viele Menschen, die das Gefühl haben, dass ihre Grenzen regelmäßig überschritten werden. „Du musst lernen, deine Grenzen zu setzen“ heißt es dann oft als gut gemeinter Ratschlag. Doch was bedeutet das – „Grenzen setzen“? Aus meiner Sicht geht es nicht so sehr um das Grenzensetzen, sondern vielmehr darum, dass wir uns zunächst über uns selbst bewusst werden. Das heißt, dass wir herausfinden, was wir eigentlich wirklich wollen und fühlen. Nur aus einer solchen Haltung heraus können wir anderen authentisch begegnen und mit ihnen in Kontakt treten. Mit dieser Perspektive wird „Grenzensetzen“ unwichtig, beziehungsweise passiert automatisch.

Ein Beispiel: Erika hat eine Freundin, die sie immer wieder als „Kummerkasten“ benutzt. In vielen Telefongesprächen hört sich Erika die Probleme ihrer Freundin an. Danach fühlt sie sich oft ausgelaugt und müde. Ihre eigenen Anliegen kommen während der Gespräche nicht zur Sprache. Wie ist es möglich, hier Grenzen zu setzen? Wichtig ist, dass Erika durch einen Bewusstseinsprozess erfährt, dass sie sich Freunde wünscht, bei denen es ein ausgewogenes Geben und Nehmen gibt. Da dies bei der erwähnten Freundin nicht der Fall ist, konzentriert sich Erika nun auf Freunde, bei denen auch sie etwas bekommt und in deren Nähe sie sich wohl und genährt fühlt. Als ihre Kummerkasten-Freundin die Distanz Erikas bemerkt und Erika darauf anspricht, konfrontiert Erika ihre Freundin mit dem ungleichen Beziehungsverhältnis. Daraufhin verbessert sich auch in dieser Beziehung die Kommunikation. Erika „hat“ jetzt Grenzen, sie muss daher viel weniger oft Grenzen „setzen“.

 

[Bildnachweis: Bigstock/ vkara]